Categories

Die Wirtschaft nach dem künstlichen Koma


Lesedauer: 4 Minuten

Fast einen Monat lang befanden sich große Teile der europäischen Wirtschaft in einer Art künstlichem Koma. Ab dieser Woche soll dieser Zustand nun schrittweise aufgehoben werden. Allerdings kann von einer Rückkehr zu einem Normalzustand nicht die Rede sein; einige politische Akteur*innen verwenden bereits den Begriff der „neuen Normalität“. Welchen Ausdruck auch immer man dafür finden mag, die ökonomische Situation wird ein Flickenteppich aus Unterschieden sein. Wahrscheinlich bis ins nächste Jahr ist mit Umgebungsfaktoren zu rechnen, die sich kontinuierlich verändern. Von Unternehmen ist damit ständige Anpassung gefordert. Wie diese Anpassung geschehen kann, haben einige große Unternehmen bereits gezeigt: Bei Trigema näht man jetzt Mundschutzmasken, Mann & Schröder stellt Desinfektionsmittel her und McDonald‘s-Mitarbeiter*innen helfen bei Aldi aus.

Der Corona-Virus: Ein Innovationsbeschleuniger?

Die Evolution gibt es vor: Überleben heißt anpassen! Wenn eine Anpassung gelingt, darf man getrost von einer Innovation sprechen. Eine der wichtigsten Zutaten für Innovation ist Kreativität. Im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung ist Kreativität keine persönliche Eigenschaft oder „fällt vom Himmel“. Kreativität ist, wie es der Monty-Python-Mitbegründer John Cleese formuliert, „… a way of operating“ – also das Ergebnis einer spezifischen Vorgehensweise, das heißt Kreativität kann das Ergebnis von organisierten Prozessen sein. Wie solche Prozesse organisiert werden müssen und unter welchen Bedingungen sie zum Erfolg führen, wird Gegenstand dieses und einiger der kommenden Beiträge auf unserem Blog sein.

Interne Kreativprozesse

Interne Kreativprozesse

Die Einbindung vieler und unterschiedlicher Mitarbeiter*innen in Ideenfindungsprozesse haben sich bisher eher wenige beziehungsweise vermehrt junge Unternehmen zunutze gemacht. Was bislang also ein Attribut einer Avantgarde war, könnte sich jetzt, bedingt durch die Corona-Krise und ihre Folgen, als überlebensnotwendig erweisen. In einigen Bereichen – wie der bereits erwähnten Umstellung von Produktionspaletten und der Einführung von digitaler Kommunikationskultur – haben wir den Virus schon als regelrechten Innovationsbeschleuniger erlebt. Trotz aller Notwendigkeit und des möglicherweise daraus resultierenden Zwangs bleibt eine der wichtigsten Voraussetzungen die Freiwilligkeit der beteiligten Kollegen*innen. Nur so sind die notwendige Motivation und Freude einzubringen, die entscheidende Bedeutung für den Erfolg haben. Sollten solche Prozesse verordnet werden müssen, bringen sie nichts.

Grundsätzlich empfiehlt es sich folgende Schritte einzuhalten:

1. Innovationsteam initiieren

Kreative Verfahren in Unternehmen erfordern ein geeignetes Team. Idealerweise bildet sich das Team aus eigener Initiative aus Kolleg*innen. Neben der Freiwilligkeit sollten die Mitglieder*innen eines solchen Teams unter anderem Eigenschaften wie Nonkonformität, Eloquenz, Optimismus, Bereitschaft zu lateralem Denken, Offenheit und Humor mitbringen.

2. Kontinuierlich Informationen beschaffen

Neue Ideen beziehungsweise daraus folgende Innovationen resultieren aus der Verknüpfung unterschiedlicher Informationen. Sie sind quasi der Rohstoff jedes kreativen Verfahrens. Relevant für interne Kreativprozesse sind dabei Angaben aus unterschiedlichen Sektoren: sowohl solche, die die Entwicklung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation gesamt und innerhalb der relevanten Branchen betreffen, als auch kundenspezifische Entwicklungen. Die Sammlung und Bewertung der Informationen hinsichtlich ihrer Relevanz gelingt wiederum vor allem in Teamarbeit. Als technische Unterstützung eignen sich dazu digitale Whiteboard-Tools, mit deren Hilfe Informationen gesammelt, strukturiert und für alle zugänglich fortgeschrieben werden können.

3. Plausible Szenarien antizipieren

Auf der Basis der Informationen geht es nun darum, plausible Szenarien zu entwickeln: Was geschieht, wenn im Handel Abstandsregelungen eingehalten werden müssen? Wie reagieren die Menschen auf eine etwaige Maskenpflicht? Welche Auswirkungen hat die zunehmend kritische Sichtweise der Globalisierung? Dabei gilt eine einfache Formel: Je besser, konkreter und realistischer die entwickelten Szenarien sind, umso größer ist die Aussicht auf Erfolg des Kreativprozesses. Denn diese Szenarien wiederum bilden den Ausgangspunkt zur Ableitung der sogenannten „Needs“ – also menschlicher Bedürfnisse.

4. Bedürfnisse ableiten: „Needs“ finden

Gelingt es einem Geschäftsmodell oder Kommunikationskonzept, menschliche Bedürfnisse auf eine neue Art besser oder schneller zu befriedigen, ist dies generell ein wichtiger Prädiktor für Erfolg. Dieses Prinzip gilt natürlich auch derzeit. Als letzten und wichtigsten Schritt zur Vorbereitung des eigentlichen Kreativprozesses hat also ein unternehmensinternes Innovationsteam die Aufgabe, die als plausibel identifizierten Szenarien daraufhin zu prüfen, welche Bedürfnisse sich daraus für die Kunden des Unternehmens ergeben. Dabei können diese Bedürfnisse materieller – Schutzmasken, Desinfektionsmittel usw. –, aber auch psychologischer –Sicherheitsgefühl, sozialer Anschluss usw. – Natur sein. Relevant ist, dass daraus der Wunsch nach Stillung des Bedürfnisses entsteht.

Mit welchen Methoden aus den Bedürfnissen innovative Geschäftsmodelle oder Kommunikationskonzepte entwickelt werden, erfahren Sie in der nächsten Folge unseres Blogs.

IHR ANSPRECHPARTNER
KAI WEIDLICH

Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie mehr Informationen oder konkrete Unterstützung zu Innovationsverfahren wünschen.